THE
ISLAND
ODYSSEY

 

 

Text und Bilder: Marko Kovač Putnik Lik

Die Idee, mit dem Kajak zu allen 57 Leuchttürmen in Kroatien zu paddeln, entstand schon im Spätsommer 2015. Ich wollte mal wieder ein Abenteuer erleben, wie ich es schon 2012 erlebt hatte. In jenem Sommer paddelte ich in 47 Tagen mit dem Kajak zu allen bewohnten Inseln Kroatiens. Quasi meine erste große Seekajak-Expedition, obwohl ich noch ein Neuling im Seekajakfahren war. Mittlerweile würde ich mich aber zumindest als fortgeschrittenen Seekajakfahrer bezeichnen, und deshalb sollte diese Expedition etwas Abenteuerlicheres, aber auch Schönes und Einzigartiges werden.

 

Damit war „The Island Odyssey – Lighthouses in Croatia“ geboren. Ein bis dato einzigartiges Projekt und meine erste, dreimonatige Selbstversorger-Solo-Seekajak-Expedition.

Mit dem Kajak zu allen Leuchttürmen in Kroatien zu fahren erschien mir für eine solche Expedition als die perfekte Idee. Denn die Leichttürme Kroatiens sind ein einzigartiges kulturelles Erbe, welches sich meist auf sehr abgelegenen Inseln in der offenen Adria befindet.

Da meine Arbeitssaison von April bis November dauert, beschloss ich, meine Expedition im Winter zu starten. Im Dezember 2018 wollte ich mich dann auf den Weg machen, einen Leuchtturm nach dem anderen mit dem Kajak abzupaddeln. Der ursprüngliche Plan war, von Split aus eine etwa 2000 km lange Runde um die Adria auf dem Gebiet Kroatiens zu paddeln. Wegen des meist instabilen Wetters im Winter hatte ich vorsichtshalber schon mit einer Dauer von 3 Monaten für meine Expedition geplant. Doch weil ich meine Expedition dann erste Ende Januar starten konnte und somit in diesem Winter nicht ganz schaffen würde, beschloss ich kurzerhand sie in drei separate Expeditionen aufteilen. Der Hauptgrund dafür waren schlicht meine beruflichen Verpflichtungen als Abenteuerguide. Statt einer großen Expedition wollte ich deshalb meinen Traum verteilt auf zwei Winter verwirklichen. Um der bis dato einzige Mensch in der Geschichte zu werden, der alle Leuchttürme in Kroatien, die im 19. Jahrhundert gebaut wurden, mit einem Kajak abgepaddelt hat.

Den ersten Teil der Expedition absolvierte ich dann im Winter 2019. Eine 1070 km lange Runde durch Dalmatien. Ich paddelte zu 32 Leuchttürmen, welche sowohl auf dem Festland als auch auf den kleinen, abgelegenen Inseln im offenen Meer erbaut wurden. Der einzige Leuchtturm, den ich in diesem Winter in Dalmatien nicht besucht habe, war Palagruža. Denn Palagruža ist die entlegenste Insel in ganz Kroatien, sie liegt nochmal 44 km von der Insel Sušac entfernt weiter draussen im offenen Meer.

Der Hauptgrund für die Verschiebung dieses Vorhabens war, dass ich dafür eben 44 km auf offener See paddeln muss, ohne die Insel oder ein Hilfsboot für den Notfall zu sehen oder alarmieren zu können.  Deshalb habe ich diesen Teil der Expedition verschoben und bin anstelle von Palagruža von Sušac aus zur Insel Vis gepaddelt. Diese liegt knapp 40 km auf offenem Meer und war ein perfektes Training für Palagruža. Und aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben!

Neben den superschönen Tagen erlebte ich in Dalmatien auch einen Tag, an dem mich das Wetter mit 30 Knoten starkem Bora-Wind mit Böen von bis zu 60 Knoten herausforderte. Ein paar Tage später war ich dann fast zwei Stunden lang auf dem offenen Meer mit 20 Knoten Seitenwind und 1,5 m hohen Wellen mit Schaumkronen unterwegs. Das war mehr Zick-Zack paddeln als eine gerade Linie.

 

Schlussendlich konnte ich aber den ersten Teil meiner Expedition, die Runde durch Dalmatien, erfolgreich abschließen. Ein wunderschönes Solo-Winter-Seekajak-Abenteuer in der Adria, bei dem ich viele neue Erfahrungen viel Wissen über das Seekajakfahren gesammelt habe.

Der zweite Teil der Expedition dauerte insgesamt 24 Tage und führte mich in den nördlichen Teil der Adria.

 

Dort startete ich Mitte Januar 2020 am südlichsten Punkt von Istrien und paddelte an 17 von den 24 Tagen knapp 480 km. Meine Route hatte die Form der Zahl 6, weil ich einen Kreis im Kvarner-Gebiet paddelte und dann am nordwestlichsten Punkt Istriens endete. Dort nämlich befindet sich der älteste funktionierende Leuchtturm der Adria - der Leuchtturm Savudrija. Dieser ist seit 1818 ununterbrochen in Betrieb!

Dieser der Teil Expedition war weniger gefährlich als der vorangegangene. Denn nach den Erfahrungen des ersten Teils traf ich die Entscheidung, dass ich mit dem Kajak nicht auf dem Meer fahren werde, wenn der Wind stärker als 15 Knoten ist. Der Hauptgrund dafür war, dass sich meine Familie so weniger Sorgen machen musste, speziell wenn ich Stellen auf dem offenen Meer überquerte.

Die dritte und letzte Etappe der Expedition „Island Odyssey – Lighthouses in Croatia“ führte mich dann zur Insel Palagruža. Die größte Herausforderung der ganzen Expedition, weil ich ja von Split nach Palagruža und wieder zurück nach Split paddeln musste. Die Route ist insgesamt 340 km lang und davon sind etwa 300 km auf dem offenen Meeres zurück zu legen. Bis ich die Herausforderung „Palagruža“  starten konnte musste ich noch 15 Monate lang warten. Ende Mai 2020 war es aber dann endlich soweit und ich konnte meinen Traum verwirklichen. Der erste Tag war quasi wie ein Test, ob ich es schaffen würde eine Strecke von 52 km am Stück im Kajak zurücklegen zu können. An diesem Tag blies jedoch ein starker Rückenwind von ungefähr 20 Knoten und so war ich nach ca. 3 Stunden Paddeln gezwungen beim Leuchtturm Ražanj anzuhalten. Zwei Stunden später hatte sich der Wind dann wieder etwas abgeschwächt und blies nur noch mit etwa 10-15 Knoten, so dass ich zum Leuchtturm Stončica weiterpaddeln konnte. Am 2. Tag paddelte ich dann von Stončica zur Insel Sušac. Eine 49 km lange Etappe, davon 40 km übers offene Meer. Im Gegensatz zum Vortag war das Wetter an diesem Tag so schön und das Meer so ruhig, dass ich spontan auf halber Strecke mitten im offenen Meer eine Runde Schwimmen ging.

Am dritten Tag stand dann eine 44 km lange Überfahrt von Sušac zur Insel Palagruža auf dem Programm. Ich bin zwei Stunden später als geplant gestartet, weil ich nicht bei 2 Meter hohen Wellen mit Schaumkronen paddeln wollte. Als der Wind endlich abgeflaut hatte paddelte ich los und hatte in den ersten 3 Stunden etwa 1-1,5 Meter hohe Wellen. Mit der Zeit wurde das Meer dann immer ruhiger.

Da die Insel Palagruža 100 Meter über dem Meeresspiegel liegt, ist es unmöglich, sie vom Kajak aus einer Entfernung von 44 km zu sehen. Aus meiner Erfahrung und bei normaler (klarer) Sicht ist eine Insel, die 100 Meter über dem Meeresspiegel liegt, vom Kajak aus einer Entfernung von etwa 35 km zu sehen. Für die Navigation habe ich kein GPS verwendet, auch keinen Kompass. Eine Seekarte war meine einzige Navigationshilfe, wie zu der Zeit, als die Leuchttürme gebaut wurden. Meine Navigation (Peilung) richtete sich nach dem Winkel zwischen dem Leuchtturm von Sušac und dem Polizei-Radarturm. 1,5 Stunden paddelte ich in Richtung Italien, am Horizont weit und breit nichts als Meer. Dann kam der Augenblick, der mein Herz höher schlagen ließ: Ich erblickte den Leuchtturm auf der Insel Palagruža. Meine Peilung war korrekt! Voll motiviert nahm ich diesen letzten Teil in Angriff, denn bis zu diesem winzigen Punkt am Horizont musste ich nach meinen Brechnungen ja noch mindestens 6 Stunden Paddeln. Dann endlich, nach 7,5 Stunden im Kajak erreichte ich die entlegenste Insel Kroatiens, Palagruža.

Ich war überglücklich und so stolz auf mich selbst. Ein unglaubliches Gefühl. Weil ich mein Ziel schneller erreicht hatte als ich gedacht hatte, beschloss ich spontan, auf dem Rückweg nach Split (Festland) nicht den direkten Weg zu paddeln sondern eine längere Strecke zurückzulegen. Von Palagruža aus bin ich nicht auf die Insel Sušac zurückgekehrt, welche die nächste Insel ist und von der ich gekommen war. Sondern ich entschied mich dafür, mit dem Kajak zur Insel Lastovo zu fahren, was eine 62 km lange Überquerung des offenen Meeres bedeutete. Das Wetter war gut, ich hatte etwas weniger als 10 Knoten Rückenwind von links und das Meer war relativ ruhig. Nach 9,5 Stunden Paddeln erreichte ich die Insel Lastovo und stieg am Ende dieses langen Tages endlich aus dem Kajak. So lang war ich noch nie am Stück im Kajak gesessen. Und auch diese Strecke war die längste Überfahrt und größte Entfernung die ich im Kajak an einem Tag bis dato zurück gelegt habe. Von hier aus würde ich es nach diesen Erfolgen auch sicher nach Hause schaffen.

Mit meiner Rückkehr nach Split schloss ich meine Expedition erfolgreich ab. Dieses Abenteuer war das größte in meinem Leben. Zwar kennen nicht alle Menschen in Kroatien meinen Namen, aber viele haben schon von dem Mann gehört, der alle Leuchttürme in Kroatien mit dem Kajak besucht hat.